Urgesteine der Reinigungsbranche
„Vorbeugende Instandhaltung – lohnt sich diese Strategie oder nicht“ – der tiefere Untersuchungsgegenstand seiner Doktorarbeit begleitet Dr. Peter Gansow sein ganzes Leben. Bereits während seines Studiums an der TU Berlin übernahm er Verantwortung als Generalvertreter des elterlichen Unternehmens in Berlin und führte wenig später, 25 Jahre alt, in Vertretung seines erkrankten Vaters Robert Gansow das Familienunternehmen mit 120 Mitarbeitern. Ein „Leben auf dem Zeitstrahl“, wie er im Gespräch mit ReinigungsMarkt-Herausgeber Reinhard Knittler, Knittler Medien Geschäftsführer, Daniel Knittler und Redakteur Volker Beck berichtet.
Das Licht der Welt erblickte Dr. Peter Gansow 1951 in Wittenberge an der Elbe (Brandenburg). Er wurde in eine Familie geboren, in der Unternehmertum Teil der DNA war. Vor dem Zweiten Weltkrieg betrieb der Großvater mütterlicherseits einen Süßwarengroßhandel in Wittenberge (Brandenburg) und war während des Krieges für die örtliche Verteilung von Lebensmitteln zuständig. Die Eltern von Dr. Peter Gansow führten dort unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg einen Eisenwarenhandel. Nach der Niederschlagung des Aufstandes vom 17.Juni 1953 gelang es der Familie Robert Gansow, mittels einer offiziellen Ausreisegenehmigung in den Westen zu gelangen.
Erste Station: Hagen − Dort verkaufte sein Vater bei Brown, Boveri & Cie. in deren Essener Niederlassung Kühlmöbel, heute Teil des ABB-Konzerns. Seine Mutter, die an der Humboldt Universität BWL studiert hatte, regte an, die Selbstständigkeit erneut zu wagen.„Eine Tradition zur Selbstständigkeit war in den beiden elterlichen Familien vorhanden“, erinnert sich Dr. Gansow.
1964 war man zufällig auf 3- und 4-Scheiben-Saugbohnermaschinen von ELDO in Italien aufmerksam geworden; diese wurden über Mailings an Arztpraxen, Gebäudereiniger und andere Kunden vertrieben. Dadurch kam auch der Kontakt zu Landesinnungsmeister Willi Groppel aus Hagen zustande, seinerzeit Obermeister in der Innung Südwestfalen von 1963 bis 1975. Durch Groppel sei sein Vater Robert Gansow auf den Umstand aufmerksam gemacht worden, dass es seinerzeit für Gebäudereiniger keine geeigneten Bodenreinigungsmaschinen gäbe, erläutert Dr. Gansow. „Mein Vater fing an, mit einem Studenten der Ingenieurwissenschaften den ersten europäischen, damals so genannten ‚Kabelautomaten‘ zu entwickeln − das war zu jener Zeit ein echter Automatisierungsprozess.“
Die „Taifun“ getauften Maschinen mit Edelstahltanks waren die Grundlage der Entwicklung des Familienunternehmens. Das hatte auch Auswirkungen auf das Leben von Peter Gansow. „Im Kinderzimmer wurden am Wochenende die bestellten Maschinen zusammengebaut. Jeder in unserer Familie hatte seine Aufgabe. Das war selbstverständlich.“
Studium und Berufseinstieg
Mit 16 lernte er seine spätere Ehefrau kennen.„Mit Ende 17 habe ich mich nach Berlin umgemeldet, in die ehemalige Studentenwohnung meiner Mutter nach Charlottenburg“, berichtet Dr. Gansow. Die Tatsache, dass in Berlin die Wehrpflicht nicht galt, bedauerte er − mit einem dicken Augenzwinkern! In Hagen wurden in dieser Zeit sechs Garagen errichtet, ohne Zwischenwände − die erste Produktionsstätte. „Das war mitten im Wohngebiet, wurde vom Bauamt aber mitgetragen“, betont er. Die elektrische Fertigung wurde in die privaten Häuser zweier Mitarbeiter ausgelagert. 1969 ging er zum Studium nach Berlin, seine spätere Ehefrau nach Münster. Die Beziehung hielt.
Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Gansow-Generalvertreter für Westberlin. „Ich verkaufte die Maschinen meines Vaters, hatte viel mit EDEKA, ALDI und Dienstleistern zu tun.“ Auch die iranische Luftwaffe zählte zu Zeiten des Schahs zum Kundenkreis des Unternehmens Gansow. Ein iranischer Offizier, zu Besuch im damals neuen Werk in Bergkamen, ausgebildet in England, half ihm, die Saugrohreinspritzung seines damaligen damsonroten Triumph TR6Pi optimal einzustellen.
Promotion und Praxis
Es war für Peter Gansow stets klar, dass er in die elterliche Firma einsteigen wird. „Mein Vater hat jedoch immer gesagt: „Junge, wenn du die Gelegenheit hast zu promovieren, dann mach es!“ „Meine Doktorarbeit war interdisziplinär kaufmännisch-technisch angelegt“, erinnert er sich. „Die Doktorandenzeit war dabei mit erster Verantwortung im Job verwoben.“ „Die Doktorarbeit hat ab 1973 meinen Lebensweg inhaltlich geprägt“, erläutert Dr. Gansow. Diese hatte das Thema „Komponenten einer Produktionsfunktion für die Säuberung nichttextiler Fußbodenbeläge mit einem zweiphasigen Fußbodensäuberungssystem“ mit dem Untertitel „Wirtschaftlich-technische Untersuchung über den Verzehr an relevanten Produktionsfaktoren, insbesondere an Betriebsmittelelementen“ und war eng mit der damals neuen Theorie der Produktionsfunktion Typ B von Prof. Dr. Erich Gutenberg und der Produktionsfunktion Typ C von Prof. Dr. Edmund Heinen verbunden. Der Typ B erweiterte die A-Funktion von Wassily Leontief (grob: Input mal Faktor gleich Output mit konstanten Skalenerträgen) um die Nutzungsintensität. Ein Motor, im optimalen Drehmomentbereich beansprucht, bedeutet minimalen Energieverbrauch und geringsten Komponentenverschleiß pro Produktionseinheit. Der Typ C dynamisiert den Betrachtungshorizont über den Moment heraus über eine definierte Zeitachse. Diesen Ansatz baute Dr. Gansow in seiner Promotion zum Dr. rer. pol. zur Fragestellung der Sinnhaftigkeit von vorbeugender Instandhaltung als Strategie der Zukunft weiter aus. „Ich habe das mit unseren Maschinen gemacht, da es intensive Probleme gab, die Datensätze anderer Hersteller zu bekommen.“
1976, Peter Gansow war mitten in der Promotion, erlitt sein Vater Robert einen Herzinfarkt, den er bis 1998 überlebte. Mitte Zwanzig stand er plötzlich an der Spitze eines Unternehmens mit 120 Beschäftigten. „Als 25-Jähriger ist man noch nicht gefestigt, doch die Herausforderungen und das Niveau der Geschäftspartner lassen einen schnell erwachsen werden. “Überhaupt ist das Leben von Dr. Gansow kein Leben in festen Abschnitten, sondern mehr ein fließender Übergang. „Das war bei mir immer so. Ich konnte nie sagen, so, der Abschnitt ist durch, sondern es war immer Multitasking. Man war ein kleiner „Napoleon“, der sich immer wieder organisieren musste: Ein Leben auf dem Zeitstrahl.“ Seine Promotion half dem jungen Dr. Gansow, das elterliche Unternehmen während der Rekonvaleszenz seines Vaters stellvertretend zu leiten. „Der Titel hat mir in jungen Jahren Türen geöffnet, denn das war man damals in der Reinigungsbranche nicht gewohnt.“
Es zeigte sich im Rahmen seiner Promotion auch, dass bei einer Konstruktion, aufbauend auf modernen Direktantrieben, ohne die seinerzeit üblichen Ketten oder Keilriemen zu verwenden, eine vorbeugende mechanische Instandhaltung nicht angezeigt ist, da „bei einer ordentlichen Getriebeauslegung und -abdichtung die Kugellager das limitierende Element sind. Das ist ein linearer sich über lange Zeiträume hinziehender Verschleißprozess, der sich in Zukunft kaum vorhersehbar beschleunigt. Wenn wir hier von 15.000 Stunden reden, die ein Getriebe hält, dann ist das in der Reinigungsbranche deutlich mehr als ein Jahrzehnt, die eine Maschine halten kann.“
Ein Rückblick sei gestattet:„Bei den Mitbewerbern gab es Ketten- oder Riemenantriebe in Fahrantrieben und Bürstenköpfen, die gespannt wurden. Je nach Schlupf ergab sich dann die Fahrgeschwindigkeit. Diese Maschinen waren mit ihrem mechanischen Verschleißbild für vorbeugende Instandhaltung prädestiniert.“
„Wenn ich beim Einkauf nur 10 Prozent mehr für einen Antrieb ausgebe, dann bekomme ich 30 bis 40 Prozent mehr Lebensdauer und damit mehr Qualität, so meine Erfahrungen. Mein Vater jedoch vertrat eher die Position eines billigen Einkaufes, zeigte sich dann aber mit den deutlich verbesserten Laufzeiten der Antriebe und Steuerungen einsichtig.“ Diese Erkenntnisse seiner Promotion fanden bei der Konstruktion und Produktion der Gansow Maschinen seit 1976 konsequente Anwendung. So konnte er belegen, dass man bei geringen Mehrkosten die Kugellagerdimensionierung erheblich stabiler auslegen und so eine extreme Langlebigkeit erreichen kann.„Wenn ich bei den Kohlebürsten und der Kollektorauslegung in den Gleichstrommotoren einen Zahn zulege, dann komme ich in einen Lebensdauerbereich, der ist irre“, erläutert Dr. Gansow. „Heute haben wir nur geregelte Antriebe, die sind noch weniger anfällig, da die Systemcontroller über Softwareauslegung und Parametrierung bei erhöhtem Strombedarf die Energiezufuhr begrenzen und senken.“
Unternehmenswachstum
1971 entstand die erste Produktionshalle mit 1.300 Quadratmetern in Bergkamen, die bis 1996 auf insgesamt 8.500 Quadratmetern für Verwaltung, Lager und Produktion von Scheuersaugmaschinen und –fahrzeugen sowie von hydraulischen Papier- pressen am Bergkamener Standort erweitert wurden.
In Fombio (östlich von Mailand) wurden ab 1997 auf 6.000 Quadratmetern Kehrsaugmaschinen und eine Linie preiswerterer Scheuersaugmaschinen gefertigt. Die Gansow Gruppe beschäftigte 420 Mitarbeiter, darunter etwa 200 Mitarbeiter im Dienst vor Ort am Kunden. Die Gansow Gruppe zeichnete eine hohe Fertigungstiefe aus. Oberflächentechnik, Schlosserei, Kunststofftechnik − all das erfolgte in eigener Regie. Das Wachstum er- folgte organisch und stetig. Die Familie Staehle (columbus) zählte zu Beginn zu den großen Vertriebspartnern. Ein weiterer war FMC in Zug (CH) mit dem Label Wayne, seinerzeit der erste Überkopfwerfer in der Kehrsaugbranche.„Ich konnte in dieser Zeit sehr viele Kompetenzen aufbauen, zum Beispiel auch jene, internationales Vertragsrecht in Verhandlungen zu nutzen.“ Der FMC-Geschäftsführer Oberholzer hat Dr. Gansow geprägt. „Sein Motto: Leben und Leben lassen und eben nicht das Letzte aus den Geschäftspartnern herauszuholen, das hat mich geprägt. Offen, ehrlich und aufrecht zu sein, das war mir immer wichtig.“
Insolvenz und Neuanfang
Seine ehemalige Unternehmung beschäftigte zu Hochzeiten allein im Vertrieb europaweit gut 200 Mitarbeiter; in 26 deutschen Filialen waren durchschnittlich 3 Beschäftigte angestellt (kaufmännisch und vertrieblich), 70 Monteure kümmerten sich um Kunden in ganz Deutschland. 6.000 Scheuersaugmaschinen, 1.800 Kehrsauger − davon die Hälfte große Maschinen − wurden pro Jahr gefertigt.„Da ging richtig was“, erinnert sich Dr. Gansow. Das änderte sich schlagartig, als nach einer Phase hoher Investitionen in die Zukunft vier wichtige Exporthändlerzahlungsunfähig, zwei deutsche Flottenkunden in ihren Zahlungen säumig wurden und ein großer französischer Dienstleister nach dem Verkauf an eine internationale Gruppe plötzlich einen Vertrag über das Mieten von 600 Maschinen platzen ließ. „Damals war gerade Basel II in aller Munde, plötzlich reichten den Banken langjährige Geschäftsbeziehungen nicht mehr, nur noch Bilanzrelationen nach Mathematik“, erläutert Dr. Gansow, „und in zwei Wochen kriegt man keine 600 Maschinen vermittelt.“
Die Gansow Gruppe wurde von Interpump übernommen, eben- so das Warenzeichen ‚gansow‘. „Man sah in der Gansow-Gruppe eine Speerspitze für Qualität.“ Interpump entschied sich − trotz Potentials − das Geschäft mit den Gansow Kehrsaugmaschinen einzustellen. Als Dr. Gansow 2004 sein neues Unternehmen, die Dr. Gansow AG, gründete, traf man sich vor Gericht. Ergebnis: Familiennamen können nach § 23 MarkenG Teil des Firmennamens sein; dieser musste jedoch konkret durch das Warenzeichen Gmatic zur Vermeidung von Verwechslungen ergänzt werden „da weder mein akademischer Titel noch die Rechtsform juristisch relevante Unterscheidungskriterien sind“, ergänzt Dr. Gansow, „wollte ich, dass die Kunden wissen, was vorne und hinten ist, daher Dr. Gansow als Teil des Firmennamens.“
Seit 2006 fertigt die Dr. Gansow Gmatic AG Scheuersaugmaschinen im Superior Bereich. Im Portfolio befinden sich 40, 60, 80 und 100 Liter handgeführte Maschinen, hinzu kommen 145, 195 und 245 Liter-Aufsitzer. Weitere Maschinenmodelle sind in Planung. Die Fertigung erfolgt im Manufakturverfahren nach strikter Plattformstrategie vor Ort in Bergkamen. Bei Konstruktion und Fertigung fließen erneut die Erkenntnisse seiner Doktorarbeit ein. Gefertigt wird in Edelstahl, Stirnradgetriebe erreichen, so Dr. Gansow, 98,5 Prozent Wirkungsgrad, die Schnecken 96 Prozent. „Dies ist zwar teurer, aber: für unsere Kunden lohnt es sich auf Dauer (Lifetime Costs).“ Und deshalb sieht er seine Zukunft vor allem im Vermietungssektor (Motto: Pay per Use). Grund ist die Langlebigkeit der Maschinen. „Früher waren Bürstenantriebe Wegwerfware, heute tauschen wir infolge der hochwertigen Ausführung nur die Lager, Dichtringe und Öle, die speziellen PM-Motoren halten mit ihrem Wirkungsgrad von 91 Prozent fast ewig.“ Als Beweis fährt er zum Abschied neben zwei Gmatic Bodenreinigungsmaschinen für ALDI noch eine Gansow 50 KF 70 aus dem Lager − sieht aus wie neu und ist doch 35 Jahre alt.
Text: Volker Beck, Redakteur, Knittler Medien GmbH, www.reinigungsmarkt.de
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